AK „Offene Behindertenarbeit für den Landkreis Neustadt/WN und der Stadt Weiden“ zieht positive Bilanz für 2022 – Zahl der Beratungen steigt wieder an – Bedarf an Wohnraum wächst 

Die Tendenz ist klar erkennbar. Die Spezialberatungen werden wieder mehr und der Bedarf an barrierefreien und noch dazu erschwinglichen Mietwohnraum steigt weiter: Auf diesen kurzen Nenner lässt sich die Jahresbilanz 2022 des Arbeitskreises (AK) „Offene Behindertenarbeit (OBA) für den Landkreis Neustadt/WN und die Stadt Weiden“ bringen, die er vor kurzem bei seiner Sitzung bei den Offenen Hilfen (OH) im Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) Irchenrieth gezogen hat.

Martina Grüner, Chefin der Abteilung  „Offenen Hilfen (OH)“ am Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) Irchenrieth, begrüßte zusammen mit HPZ-Vorstandsvorsitzenden Christian Stadler zur turnusmäßigen jährlichen AK-Sitzung die Vertreter der OBA des Allgemeinen Rettungsverbandes (ARV) – Kreisverband Neustadt/WN-Weiden, Dr. Carola Preißer und ARV-Bezirksgeschäftsführer Christian Henkens, die Behindertenbeauftragten des Landkreises Neustadt/WN und der Stadt Weiden, Bernd Lober und Alexander Grundler, und von der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) Nordoberpfalz Andrea Wiedl (Leiterin) sowie den neuen Berater Michael Smith.

Im letzten Jahr habe man sich nach dem Abflauen der Corona-Pandemie vielen neuen Herausforderungen stellen müssen. Ein Thema sei dabei die Resignation der Familien durch die Überforderung im Alltag gewesen, berichtete Grüner nach der Vorstellung des neuen EUTB-Beraters Michael Smith rückblickend. Wir mussten an vielen Stellen neue Wege gehen, denn wir wollten wieder Entlastungsangebote für die Angehörigen, die zuhause betreuen, organisieren und das soziale Netzwerk und Inklusionsprojekte aufrechterhalten“, erzählte sie.

Sie dankte dabei dem sehr engagierten Ehrenamtsteam, das sich mit vielen guten Ideen und Engagement einbringe. Sie würden aber auch immer wieder verdeutlichen, wo die Grenzen des Ehrenamtes erreicht seien, und wo professionelle hauptamtliche Tätigkeit notwendig wäre. Vor allem im Bereich der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung im Alter von 15 bis 30 Jahren herrsche großer Bedarf vor, auch der Kinderbereich wachse wieder.

Die OH-Leiterin hatte für die offene Behindertenarbeit am HPZ beeindruckend Zahlen parat. Insgesamt 5172 Stunden und 1473 Beratungsgespräche habe man aufgewendet. „Wir haben 186 Menschen mit geistiger- und Mehrfachbehinderung betreut und mit 766 Familienangehörigen Kontakt gesprochen. Wir würden gerne noch mehr anbieten, aber wir sind an der Grenze des Machbaren“, sagte Grüner verbunden mit der Hoffnung, dass die bürokratischen und gesetzlichen Strukturen für die Familien und Ehrenamtlichen verbessert werden.

Außerdem wäre es sehr wichtig, dass die Budgets der Familien, z. B. bei der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege wegen der gestiegenen Lohn-, Neben- und Sachkosten, angehoben werden. Insbesondere sei zwar der Betrag der Kurzzeitpflege leicht gestiegen. Allerdings sei der Betrag für die OBAs nicht erhöht worden, was gerade bei mangelnden Kurzzeitpflegeplätzen sehr bedauerlich sei.

Grundsätzlich sei, so Grüner, 2022 unter dem Schwerpunkt gestanden, zu unterstützen, zu entlasten, ein Kooperationskonzept mit der vhs Weiden-Neustadt/WN zu entwickeln und die Stammbögen zu verbessern. Auch frühere Kontakte wieder aufleben zu lassen, sei eine große Aufgabe gewesen, um so wieder Gruppenangebote, wie z. B. im Herbst den Besuch der Eishockey-Spiele des EV Weiden, anbieten zu können, die sehr hilfreich für die Psyche der Menschen gewesen seien. Eine große Rolle hätten dabei auch die neuen OH-Räume gespielt, die für viele eine Oase der Erholung und Unterstützung geworden seien.

Dr. Preißer vom ARV sagte in ihrem Bericht unter anderem, dass 2022 nach Corona weitaus mehr Veranstaltungen und Beratungen (insgesamt 155) möglich gewesen seien als im Jahr zuvor. Zudem seien diese wieder sehr gut angenommen worden. Schwerpunkt-Themen seien „Leichte/einfache Sprache“, „Inklusion am Arbeitsplatz“, „Gewaltschutz“, „MIT-Dabei“ und „Empowerment“ gewesen. Sie wies zudem auf das 50-jährige ARV-Jubiläum 2023 hin – ein Thema, mit dem sich auch die neueste Ausgabe des Magazins „BeOBAchter“ beschäftigten wird. Außerdem sei zusammen mit den OH des HPZ am 3. August wieder eine gemeinsame Fahrt nach Waldsassen oder an den Brombachsee geplant.

EUTB-Leiterin Wiedel berichtete, dass das aus „EUTB Weiden“ nun „EUTB Nordoberpfalz“ geworden und auf drei Vollzeitstellen aufgestockt worden sei und man zudem 482 Beratungen durchgeführt habe. „Es sind noch viel mehr Austausch und Netzwerkarbeit nötig“, sagte sie, ehe sie einen Vortrag zum Thema „Elternassistenz“ hielt.

Der Behindertenbeauftragte des Landkreises Neustadt/WN, Bernd Lober, erläuterte, dass er mittlerweile auf den Baustellen Begehungen mit Rollstuhl mache, damit sich die Architekten in die Lage eines Menschen mit Behinderung hineinversetzen können. Zudem habe er die Tourismusbehörde angesprochen und Rückmeldung erhalten in Bezug auf die Spielplatzbroschüre des Landkreises. Demnach wird im nächsten Heft wird die Genauigkeit des Rollstuhlsymbols angepasst, um zu unterscheiden, ob ein Spielplatz rollstuhlgerecht sei oder nur die Anfahrt.

Die AK-Mitglieder diskutierten abschließend zudem die Themen „Gebärdensprache und die entsprechenden Anforderungen“ sowie die „Schwierigkeiten der personenbezogenen Berechenbarkeit der Mitarbeiter*innen bei Assistenzleistungen“, zu dem es viele Richtlinien und unterschiedliche Gesetzeslagen gebe. Diese haben Grüner und Stadler bereits dem AOK-Beirat vorgestellt und diesem zum Kennenlernen eingeladen.